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Thema
Von 1929 bis 1939, im Jahrzehnt vom Beginn der Weltwirtschaftskrise bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, wurden die Künste in Europa stärker politisiert als zuvor. Regierungen, Parteien und Interessengruppen drängten darauf, sie einer Innenpolitik gesellschaftlicher Stabilisierung und einer Außenpolitik staatlicher Selbstbehauptung dienstbar zu machen. Kunstpolitische Richtlinien und ideologische Kunstprogramme schränkten die relative Freiheit, die ihnen nach dem Ersten Weltkrieg zugefallen war, immer weiter ein. So wurden sie in die Auseinandersetzungen zwischen den politischen Systemen hineingezogen, die zum Zweiten Weltkrieg führten. Sie verfingen sich in einem dreiseitigen Konflikt zwischen Kommunismus, ‚Faschismus‘ und Demokratie. Es kam zu einer politischen Konfrontation der Künste.
Historiografische Kritik
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und seit Beginn des Kalten Krieges wurde diese Konfrontation in ideologischer Schematisierung angesprochen. Eine vereinfachte Gleichsetzung von Kommunismus und Nationalsozialismus unter dem Begriff des Totalitarismus wurde dem Verständnis des Antagonismus zwischen traditioneller und moderner Kunst zugrunde gelegt. Da sowohl in der Sowjetunion als auch im Dritten Reich die traditionelle Kunst einseitig gefördert und die moderne summarisch unterdrückt worden war, überhöhte man moderne Kunst im Namen der Freiheit nachträglich zur Kunst der Demokratie. Im Jahrzehnt der Wirtschaftskrise dagegen rangen beide sowohl in totalitären als auch in demokratischen Staaten noch um Akzeptanz. Obwohl das moderne Prinzip subjektiver Ausdrucksfreiheit war zwar de facto ein demokratisches Grundrecht war und ist, erforderte es kein Bekenntnis zur Demokratie.
Historische Revision
Heute ist die weltweite Polarisiereng zwischen Demokratie und Kommunismus, die im Kalten Kriege ausgefochten wurde, multilateralen politischen Konflikten zwischen demokratischen und autoritären Staaten gewichen, die gleichwohl in der kapitalistischen Weltwirtschaft miteinander vernetzt sind. miteinander konkurrieren, und durch Stellvertreterkriege militärisch abzusichern suchen. In der flankierenden neoliberalen Kultur floriert die moderne Kunst auf dem Weltmarkt und hat deshalb eine weltweite kulturpolitische Dominanz gewonnen, die sich über jene Konflikte hinwegsetzt. Ihre triumphalistische Inszenierung verengt im Rückblick die Geschichte der Kunst im 20. Jahrhundert auf ‚die Moderne‘ als hypostasierte Epoche. Im Widerspruch zu dieser Hypostasierung versuche ich im vorliegenden Buch die politische Geschichte ihrer Konkurrenz mit der traditionellen Kunst in Erinnerung zu rufen.
Begrifflichkeit
Die überbordende Literatur über die Kunst der ‚dreißiger Jahre ‘hat noch immer keine begrifflich schlüssige chronologische Gesamtdarstellung hervorgebracht. Wie instruktiv auch immer sie unsere Kenntnisse erweitert und vertieft, ist sie doch zusammenhanglos geblieben. Ihre akademischen und öffentlichen Vorbedingungen unterwerfen sie dem neoliberalen Prinzip planlosen Wachstums, das konkurrierende Redundanz und unnötige Erneuerung befördert. Daher ist die Literatur über jede bibliografisch verantwortliche Synthese im Denken eines Einzelnen hinausgewachsen. So ist auch dieses Buch keine Synthese, sondern ein Argument, das ausgewählte Quellen und Forschungsergebnisse unter den beiden Grundbegriffen der politischen Geschichte—Politik und Ideologie—zusammenfasst. Meine Begrifflichkeit ist epistemologisch, nicht substanziell, lässt sich im Oxford English Dictionary kritisch nachprüfen und von allen Lesern teilen oder präzisieren. Sie sollte auch eine Kritik des ganzen Buchs nachvollziehbar machen.
Short Table of Content
1 Policies
1.1 / Traditional versus Modern Art
1.2 / Totalitarian Art Policy
1.3 / Democratic Art Policy
2 IDEOLOGIES
2.1 / Art of the People
2.2 / Revolutionary Art
2.3 / Ideologies and Policies
3 ARTISTs
3.1 / Political Activity
3.2 / Political Oppression
3.3 / Political Resistance
4 TOWARD WAR
4.1 / Art Policy and War Policy
4.2 / The Last Stand of Revolutionary Art
4.3 / Traditional versus Modern Art Revisited