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Prof. Dr. David Ganz
Do 14:00-15:45, KOL-F-104
Wenige Bereiche der Kunstgeschichte haben so sehr vom Übergang zum digitalen Zeitalter profitiert wie die mittelalterliche Buchkunst. Die mit grossem Aufwand vorangetriebenen Digitalisierungskampagnen von Bibliotheken und Museen in der gesamten Welt lassen anschaulich werden, dass künstlerisch gestaltete Bücher heute den bedeutendsten Bestand mittelalterlicher Kunst Westeuropas darstellen. Zugleich eröffnet das gängige Verfahren, ganze Handschriften in hoher Auflösung zu digitalisieren, der kunsthistorischen Arbeit mit diesen Objekten ganz neue Möglichkeiten: Die Wiedergabe kleinster Details erlaubt es, die Finesse der künstlerischen Gestaltung zu würdigen und die Machart der Werke nachzuvollziehen. Über das virtuelle Blättern am Bildschirm lassen sich aber auch Zusammenhänge zwischen den künstlerischen Elementen im räumlichen Aufbau der Handschriften erkennen. Der Blick auf die Buchkunst bezieht nun verstärkt das Buch in seiner Gesamtheit ein: neben den Miniaturen oder Initialen im Inneren treten auch die manchmal noch viel spektakuläreren Einbände aus Gold, Edelsteinen, Elfenbein und edlen Textilien in den Vordergrund. Ziel der Vorlesung ist es, eine Einführung in die Geschichte des auswendig und inwendig mit Bildern geschmückten Buchs zwischen dem 7. und dem 16. Jahrhundert zu geben. Die Perspektive ist eine mediengeschichtliche: Im Vordergrund stehen unterschiedliche Möglichkeiten der Verschränkung von Bild, Schrift und Buch in Initialen, Frontispize, Doppelseiten und Einbänden. In einer Reihe von exemplarischen Analysen erläutert die Vorlesung die Verwendungszusammenhänge der Bücher in Ritual, Meditation, Studium und privater Lektüre.
Prof. Dr. David Ganz
Mo, 10:15-12:00, RAA-E-06
Die unerschöpflich reiche, bisweilen aber auch beängstigende oder verstörende Bildwelt von Träumen ist ein kulturübergreifendes Faszinosum. Im Umgang mit dieser Form innerer Bildproduktion ist in vielen Kulturen eine Praxis der Traumarbeit zu beobachten, die das Traumbild als zukunftsweisendes Zeichen auffasst und interpretiert. Auch die christlich geprägten Kulturen des europäischen Mittelalters folgten diesem Ansatz. Dabei griffen sie auf ein reiches Repertoire an Geschichten von Träumen und Traumdeutungen in der jüdischen Überlieferung des Alten Testaments und den christlichen Schriften des Neuen Testaments zurück. Die biblischen Traumerzählungen galten als Präzedenzfälle, in denen sich Gottes Verfügungsmacht über die Zukunft manifestierte. Schwerer zu deuten und einzuordnen waren hingegen die Träume der eigenen Gegenwart, die von Herrschern, Heiligen oder selbsternannten Propheten geträumt wurden.
Das Seminar führt in die reiche künstlerische Bearbeitung von Träumen im europäischen Mittelalter ein. Behandelt werden charakteristische Modelle der Traumdarstellung und die Frage, welche Konzepte und Theorien vom Träumen ihnen zugrunde liegen. Über die Themen der Traumbilder erschliesst das Seminar ein weites Spektrum von Geschichten aus der Bibel, Heiligenviten, Chroniken und fiktionaler Literatur, die für ein Verständnis mittelalterlicher Bildkunst zentral sind. Ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Diskussion der behandelten Werkbeispiele wird das spannungsvolle Verhältnis zwischen kirchlichen Kontrollansprüchen auf die "richtige" Lesart der Träume und den Freiräumen künstlerischer Um- bzw. Neugestaltung der Traumbilder sein.
Dr. phil. Sophie Schweinfurth
Di 10:15-12:00, RAA-E-12
Für das Mittelalter hat sich die Unterscheidung von profan und sakral bekanntlich als unbrauchbar erwiesen. Das zeigt sich nirgendwo so deutlich wie im Bereich der christlichen Herrschaftsrepräsentation, wo sich weltliche Macht immer auf göttliche Gnade bezieht. Caesaropapismus, Gottesgnadentum, Sakralkönigtum, imperialer Monotheismus - das sind nur einige der Begriffe, mit denen man versucht hat, mittelalterliche Herrschaftskonzeptionen in Ost und West zu beschreiben. Das Seminar fragt dezidiert nach den konzeptuellen Grundlagen imperialer und monarchischer Herrschaft in der christlichen Spätantike und will - an jüngste Debatten anknüpfend - theoretisch der Frage nach einer Affinität von Monotheismus und Alleinherrschaft nachgehen. In diachroner Perspektive von Konstantin bis zu den normannischen Königen im 12.
Jahrhundert untersucht das Seminar Repräsentationsmodi und Darstellungsstrategien christlicher Herrschaft. Dabei gilt es nicht nur die historischen Graduierungen und evtl. Neu-Konzeptionen einer sich auf Gott gründenden Herrschafts-Idee herauszuarbeiten, sondern ebenso den Blick vergleichend nach Ost und West zu richten, um mögliche Verwandtschaften und Differenzen zu analysieren.
Christliche Herrschaftsrepräsentation als body politic(s) bezieht sich einerseits auf die Idee des in der Kantorowicz'schen These von den zwei Körpern des Königs gründenden Staates als politischen Körper (body politic), andererseits aber auch auf aktuelle alt-historische und mediävistische Forschungstendenzen im Kontext der Körpergeschichte, die den Körper als historisch unproblematische Kategorie kritisch hinterfragen (body politics).
Prof. Dr. David Ganz
Di 14:00-15:45, RAA-E-12
Die Diskussion über Bilder der/des «Anderen» macht sich heute vor allem an Bildern der jüngeren Vergangenheit und der Gegenwart fest. Das Seminar möchte zeigen, wie sehr Strategien des visuellen Othering bereits die visuelle Kultur des mittelalterlichen Europas prägen. Die Kategorie des «Anderen» war im in den vorherrschenden christlichen Gesellschaften in vielerlei Form präsent: Auf einer religiösen Ebene manifestierte sie sich in der Gestalt von «Juden» und «Heiden». Sie war aber von starken Normen geschlechtlicher, sozialer oder ethnischer Abgrenzung geprägt. Im Seminar stellen wir die Frage nach den visuellen Strategien der Markierung von «Andersheit» in der mittelalterlichen Kunst: Wo kommen die «Anderen» überhaupt ins Bild und welche Rollen werden ihnen dabei übertragen? Welche Bildthemen und welche Bildmedien sind dafür besonders aufschlussreich? Welche Entwicklung durchläuft die Darstellung der/des «Anderen» in der langen Epoche des Mittelalters, mit welchen politischen, religiösen, gesellschaftlichen und kulturellen Prozessen ist sie verknüpft? Gibt es auch kritische und subversive Tendenzen, die in den Figuren der «Anderen» zutage treten? Die Diskussion dieser Fragen soll dazu führen, die lange Geschichte des visuellen Othering besser zu verstehen. Sie soll aber auch einen Beitrag leisten, gängige Geschichtsbilder zu überdenken, in denen das Mittelalter gerne als das «Andere» der Moderne/Gegenwart aufgerufen wird.
Prof. Dr. David Ganz
Mo 16:15-18:00, alle 2-3 Wochen, ab 24.2., KOL-G-203
Das Kolloquium bietet die Gelegenheit zur gemeinsamen Lektüre und Diskussion jüngerer oder älterer Publikationen, von denen wichtige methodische Impulse für die Erforschung der mittelalterlichen Bildkünste ausgehen. Ein Teil der Sitzungen wird auf die Präsentation und Diskussion von Abschlussarbeiten (Bachelor oder Master), Doktoratsprojekten oder anderweitigen Forschungsprojekten der Teilnehmer:innen verwendet.