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Kunsthistorisches Institut

Medea Hoch: Unstete Staffelungen. Abstraktion als transdisziplinäre Praxis im Werk Sophie Taeuber-Arps

An Fallbeispielen verfolgt das kunstwissenschaftliche Projekt die These, dass die Abstraktion in Sophie Taeuber-Arps Werk primär auf transdisziplinären Verfahren basiert. Ausgehend von ihrer textilen Praxis fand die Künstlerin 1915 zu radikalen orthogonalen Formen. Ihre Pionierwerke geometrisch abstrakter Kunst, die die Struktur von Textilien auf vertikal-horizontale Flächenkompositionen übertragen, wurden indes erst spät als solche anerkannt, da die Kunstgeschichtsschreibung handwerkliche Quellen bis heute weitgehend ausblendet. Gattungsüberschreitungen sind zwar bezeichnend für die Umwertungsprozesse der Moderne und wurden bei Künstlern als revolutionäre Akte verstanden, für Künstlerinnen hingegen war gerade die Auseinandersetzung mit Kunstgewerbe riskant, weil mit weiblicher Handarbeit konnotiert. Taeuber-Arp arbeitete gleichzeitig in verschiedenen Gattungen. Die Repräsentation ihrer Werke in Ausstellungen und Publikationen erfolgte jedoch gestaffelt, zunächst im Kontext der angewandten, dann der freien Kunst. Darin liegt ein weiterer Grund dafür, dass der kunsthistorischen Rezeption die Beziehungen zwischen den Gattungen in ihrem Schaffen lange entgingen.

Ausgehend von diskursanalytischen Ansätzen nimmt das Projekt eine Lektüre kunsthistorischer und neu zugänglicher biografischer Quellen vor. Dabei untersucht es, wie die Kunstgeschichtsschreibung die Künstlerin etabliert und wie diese sich selbst verortet hat. Ausserdem revidiert es posthume Datierungen, die Arbeiten den Dadajahren zugeschrieben und so die Werkentwicklung verzerrt haben. Durch den Einbezug theoretischer Beiträge der Geschlechterforschung in der Kunstgeschichte, die seit vierzig Jahren die hergebrachte Verknüpfung von Gattungshierarchien mit Geschlechterkonstruktionen hinterfragt, ergaben sich neue Perspektiven für die Erforschung von Taeuber-Arps innovativem transdisziplinärem Werk. Basierend auf Texten von Linda Nochlin, Roszika Parker Griselda Pollock und Sigrid Schade und anderen diskutiert das Projekt Taeuber-Arps Erfindungen hinsichtlich der Ordnungssysteme der traditionellen Kunstgeschichte. Es interessiert sich für das textile Werk der Künstlerin im Spannungsfeld zwischen Gattungshierarchien und Gattungsüberschreitungen. Weiter untersucht es mit Bezug auf das Konzept des Gesamtkunstwerks Inszenierungen auf der Bühne und in anderen Künsten und fragt danach, wie Taeuber-Arp die moderne Programmatik einer Verbindung von Kunst und Leben umsetzte. Schliesslich befasst es sich mit ihren Übertragungen aus der angewandten in die freie Kunst sowie innerhalb der Gattungen der freien Kunst.