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Kunsthistorisches Institut

Lehrveranstaltungen

Lehrveranstaltungen HS 2024

Vorlesung: Aus dem Wald. Holz Als Künstlerischer Rohstoff

Heinrich Douvermann, Sieben-Schmerzen-Altar (Detail: Jesse mit zwei Propheten), 1518-21, Kalkar, St. Nicolai, südliches Seitenschiff.

Prof. Dr. David Ganz
Do 14:00-15:45, KOL-F-117

Die nachwachsende natürliche Ressource Holz war über Jahrtausende hinweg in einem sehr umfassenden Sinne die Lebensgrundlage menschlicher Gesellschaften. Das änderte sich erst mit der Umstellung auf fossile Brennstoffe und der Einführung synthetischer Kunststoffe. Nicht zu Unrecht hat man daher für die vorindustrielle Zeit vom «hölzernen Zeitalter» der Menschheit gesprochen. Die grosse Verbreitung von Kunstwerken aus Holz spiegelt diese Situation: man denke nur an vollplastische Figuren und geschnitzte Reliefs, Druckstöcke für Holzschnitte und Gemälde auf hölzernen Bildträgern und in hölzernen Rahmen, aber auch kunstvoll verzierte Truhen und Throne. Dabei galt Holz generell nicht als besonders kostbares und edles, sondern eher als einfaches, leicht zu beschaffendes Material, das sich durch den fachkundigen Einsatz von Werkzeugen in die unterschiedlichsten Formen bringen liess. Die Geschichte des Rohstoffes Holz, um die es in dieser Vorlesung geht, führt so zu einer Archäologie der «arte povera» - w vor allem dort zutrifft, wo man sich ganz bewusst gegen den Einsatz teurerer Materialien entschied. Komplementär dazu kommt in der künstlerischen Bearbeitung von Holz immer die Herkunft aus dem Naturraum Wald und von belebten Organismen zum Tragen. So ist Holz nicht gleich Holz, sondern stammt von bestimmten Bäumen, die unter spezifischen Umweltbedingungen in genau lokalisierten Waldgebieten heranwuchsen. Gefälltes, gelagertes und in Werkstücke zugeschnittenes Holz ist zwar einerseits tot, doch zeigen sich in ihm gut sichtbar die Spuren vergangenen Lebens. Heidnische Kulte und mythologische Erzählungen waren voller Geschichten von Baumgottheiten und von Verwandlungen zwischen Menschen oder Göttern in Pflanzen. Und im Christentum stand an zentraler Stelle das Kreuz als «Holz des Lebens» Auf der Grundlage dieser Vorstellungen konnte Holz in der künstlerischen Bearbeitung umfassend als belebtes Material aktiviert werden. In diesem Sinne versteht sich die Vorlesung als Beitrag, ausgehend vom «Rohstoff Holz» die Möglichkeiten einer Kunstgeschichte der Mensch-Umwelt-Beziehungen auszuloten.

BA-Seminar: Der Bildgrund als Bildkonzept

Die Jäger betreten den Wald (aus den Einhorn-Tapisserien) (Detail), Frankreich (Karton)/Südliche Niederlande (gewebt), 1495–1505, Kettfaden aus Wolle, Schussfaden aus Wolle, Seide, Silber und Gold, 368.3 x 315 cm, New York, Metropolitan Museum of Art, Inv. Nr. 37.80.1.

Simon Breitenmoser, M.A.
Fr 14:00-15:45, Raum RAA-E-27

Seit eh und je ist die Figur ein zentrales Interesse der Kunstgeschichte. Doch scheint es keine Figur ohne Grund zu geben, von dem sie sich abheben muss. Sowohl aus der Perspektive des Bildaufbaus und der Platzierung von Figuren im Bildfeld als auch von der Wahrnehmungsseite her lassen sich Formen und Figuren nur durch die Abgrenzung von einer Umgebung denken. Die Unterscheidung von Figur und Grund, ähnlich der Unterscheidung von Form und Materie, teilt das Bild in sich selbst und führt eine fundamentale Differenz in die Bildgestaltung ein. Paradigmatische Kippbilder wie die Rubinsche Vase zeigen auf eine abstrahierende Art die Ambivalenz der Unterscheidung von Figur und Grund und führen die Wahrnehmung und die Möglichkeiten der Beschreibung an eine Grenze, die das visuelle Denken herausfordert. Während in solchen Kippbildern eine Äquivalenz von Figur und Grund demonstriert wird, so haftet dem Bildgrund nichtsdestotrotz etwas Sekundäres an. Die Teilung von Bildern und Kunstwerken in Figur und Grund geschieht oft auf eine normative und asymmetrische Art auf Kosten des Bildgrundes. Trotzdem hat er seine eigene Geschichte und Signifikanz. Im Lektüreseminar wollen wir deswegen diesen Räumen, Hintergründen und Materialien, die oft mit den figürlichen Darstellungen verknüpft bleiben, sich allerdings auch verselbständigen können, nachgehen. Was ist die Rolle eines konkreten Bildgrundes in Bezug auf die gesamte Darstellung? Was sagen Hintergründe aus, welche Geschichte verbirgt sich in ihnen? Wie kommentieren oder unterlaufen die Bildgründe und Hintergründe die Handlungen des figürlichen Bildpersonals? Dabei werden wir uns mit Rezeptionsfragen und dem Anteil der Wahrnehmung an Kunstwerken befassen. Zugleich soll es um die Produktion von Kunstwerken gehen und wir werden die Stellung, die der Bildgrund darin einnehmen kann, reflektieren.

BA-Seminar: Insulare Buchkunst

Book of Durrow (Detail), f.85v, ca. 700, The Library of Trinity College Dublin, Cat. Nr. TCD MS 57 f.85v.

Prof. Dr. David Ganz
Mo 10:15-12:00, RAK-E-06

Die frühe Buchmalerei der britischen Inseln gehört zu den Gründungsmomenten der Kunst des europäischen Mittelalters. Mit ihren expressiven Ornamenten und ihren intensiv leuchtenden Farben ziehen Werke wie das Book of Kells, das Book of Durrow oder das Book of Lindisfarne auch das Publikum des frühen 21. Jahrhunderts noch ungebrochen in ihren Bann. Das Seminar bietet eine Einführung in eine Kunstpraxis, die auf gänzliche neue Weise das Buch als ästhetisches Objekt definierte und die graphischen Zeichen der Schrift zu energetisch aufgeladenen Bildern umformte. Mitten in einer Welt, in der die meisten Menschen weder schreiben noch lesen konnten, verliehen die christlichen Klöster Irlands und der Ostküste Englands so ihren Vorstellungen rund um heilige Bücher Ausdruck. In der Auseinandersetzung mit der regionalen visuellen Kultur entwickelten sie eine Kunst ornamentaler Verflechtung und Belebung. In ihr kann man eine radikale Gegenposition zum antiken Ideal figürlicher Bildlichkeit sehen, das die zeitgleiche Kunst auf dem europäischen Kontinent prägte. Neben die Einführung in den Kontext und die genaue Betrachtung der Hauptwerke der insularen Buchkunst wird im Seminar eine erweiterte geographische Perspektive treten: zu entdecken gibt es hier die überraschenden Parallelen zur frühen islamischen Buchkunst und die spannende Wirkungsgeschichte insularer Bücher auf dem Kontinent. Ein Besuch in der Stiftsbibliothek St. Gallen, die eine Reihe insularer Buchkunstwerke beherbergt, soll das Programm des Seminars abrunden und die Möglichkeit zur direkten Begegnung mit einigen Originalen bieten.

BA-Seminar: Wer interpretiert Bilder wie? Theorien und Methoden im Spiegel ihrer bildanalytischen Anwendung

Tizian, Laura dei Dianti, ca. 1523-1525 & Paul de Vos, Fabel vom Hund und der Beute, 1636-38
1. Tizian, Laura dei Dianti, ca. 1523-1525, Öl auf Leinwand, Privatsammlung (Kreuzlingen); 2. Paul de Vos, Fabel vom Hund und der Beute, 1636-38, Öl auf Leinwand, Madrid, Prado.

PD Dr. Marius Rimmele
Mo, 12:15–13:45 Uhr, Raum RAA-E-21

Nach der langen Aufteilung kunstgeschichtlicher Zugänge in form- und ikonographieorientierte Ansätze hat sich ein ungleich weiteres methodisches Feld eröffnet, das immer wieder neue Paradigmen wie Marxismus, Gender Studies, jüngst auch z.B. Postcolonial Studies, Animal Studies und Ecocriticism einschliesst. Zudem möchten bestimmte Forschende überkommene blinde Flecken prinzipiell durch neue Blickweisen überwinden oder strikt durch historische Rahmenbedingungen wie das System der Rhetorik hindurch ein Kunstwerk verstehen. Auch wenn Grundansätze der jeweiligen, meist disziplinübergreifenden, Forschungsfelder bekannt sind, stellt sich im Detail noch die Frage, wie solche Erkenntnisinteressen konkret in die Analyse bzw. Interpretation von Einzelwerken überführt werden: Worauf wird jeweils geachtet, wie werden konkrete Beobachtungen am Bild mit Theorie verknüpft? In einem close reading repräsentativer Bildinterpretationen wollen wir das (z.T. implizite) methodische Vorgehen der Autor:innen rekonstruieren und diskutieren. Dabei werden kunsthistorische Texte von den 1980er Jahren bis in die jüngste Zeit analysiert, die sich allesamt mit vormodernen Kunstwerken (vor 1800) beschäftigen, was impliziert, dass diese nicht im Bewusstsein der heutigen Fragen entstanden sein können. 

MA-Seminar: Von Azurit bis Verdigris. Eine materielle Geschichte der mittelalterlichen Palette

Giovanni di Paolo, Erschaffung der Welt und Vertreibung aus dem Paradies (Detail), 1445, Tempera und Gold auf Holz, 46.4 x 52.1 cm, New York, Metropolitan Museum of Arts.

Prof. Dr. David Ganz
Di 10:15-12:00, Raum: RAA-E-27

Farbe galt in der Kunstgeschichte lange als rein optisches und gleichsam immaterielles Phänomen, das die Wirkung von Kunstwerken auf einer visuellen Ebene bestimmt. Mit dem material turn der Kulturwissenschaften und dank neuer technischer Möglichkeiten der Materialanalyse ist in der jüngeren Forschung die Materialität der Farbe in den Vordergrund getreten. Jenseits der optischen Einordnung von Farbwerten lassen sich nun die Substanzen und Mixturen bestimmen, die diese visuelle Wirkung überhaupt erst hervorbringen. Erst auf dieser Grundlage lässt sich zuverlässig ausmachen, ob es sich um wasserlösliche Farbstoffe oder unlösliche Pigmente handelt und ob die verwendeten Farbmittel mineralischer, pflanzlicher oder tierischer Herkunft sind. So wissen wir erst seit wenigen Jahren, dass der aus Schnecken gewonnene Purpur der Antike im europäischen Mittelalter durch Purpur aus Flechten abgelöst wurde. Und nur mit einer technischen Analyse lässt sich sicher sagen, ob für den Blauton in einem Gemälde das kostbare Ultramarin oder das günstigere Azurit eingesetzt wurde. Über die Bestimmung der Farbmittel eröffnet sich so eine weite Welt der Farbgewinnung, des Farbenhandels, der Farbrezepturen und der Farbverwendung. Die Herstellung von Kunstwerken ist auf dieser Ebene eng mit der Umwelt- und Wirtschaftsgeschichte, aber auch mit der Geschichte der Chemie und der Medizin verknüpft. Im Seminar wollen wir die materielle Geschichte der mittelalterlichen Palette ausgehend von einer Einführung zu mittelalterlichen Rezeptbüchern nachvollziehen und uns in jeder Sitzung mit ausgewählten Farbmitteln beschäftigen. Vorgesehen ist auch ein Gespräch mit Materialforscher:innen und der Besuch eines Analyselabors, die uns helfen sollen, die aktuellen technischen Grundlagen der Bestimmung von Farbmitteln kennenzulernen.

Forschungskolloquium

Prof. Dr. David Ganz
Mo 16:15-18:00, alle 2-3 Wochen, 26.02. bis 06.05., KOL-G-203

Das Kolloquium bietet Absolvent:innen im Bachelor und Master, Doktorand:innen und anderen Teilnehmer:innen die Gelegenheit zur Präsentation und Diskussion ihrer Abschlussarbeiten oder anderweitigen aktuellen Forschungsprojekte. Je nach Interessenlage kann ein Teil der Sitzungen auch auf die gemeinsame Lektüre und Diskussion von Texten verwendet werden, von denen wichtige methodische Impulse für die kunstgeschichtliche Mittelalterforschung oder für das Fach Kunstgeschichte insgesamt ausgehen. 

Exkursion: Von van Eyck bis Rubens. Flämische Malerei im räumlichen Kontext

Neurdein Frères (Fotoatelier: Étienne Neurdein, Louis-Antonin Neurdein, Isaac Lèvy), Ansicht der Rue Flamande in Brügge (vor 1892), Fotografischer Abzug, Zürich, Mediathek des Kunsthistorischen Instituts, Universität Zürich, Inv. Nr. 60.I.7.

Leitung: Prof. Dr. David Ganz, Hilfsassistenz: Alexandra Cruz Kyburz
23. Januar – 31. Januar 2025

Im ausgehenden Mittelalter und in der frühen Neuzeit war Flandern eine der wirtschaftlich stärksten und am dichtesten besiedelten Regionen Europas. Zugleich war es Schauplatz bahnbrechender künstlerischer Entwicklungen: beginnend mit dem revolutionären Realismus der altniederländischen Malerei bis zur barocken Bildsprache der Rubenszeit. Vom 15. bis zum 17. Jahrhundert setzte Flandern Massstäbe für ganz Europa. Nirgendwo griffen Kommerz und Kunst so eng ineinander: Mit seinen Seehäfen war Flandern wichtiger Warenumschlagplatz, in Städten wie Gent, Brügge und Löwen beherbergte es Zentren umsatzstarker Textilproduktion. Flandern war aber auch Territorium fürstlicher Zentralgewalten - zunächst der Herzöge von Burgund, und ab 1477 der Habsburger - die der Kunstentwicklung mit ihrem Bedarf an höfischer Repräsentation zusätzliche Impulse verliehen. So war die flämische Kunst eine Kunst der Kaufleute, Bankiers und der städtischen Korporationen, aber auch des Hofes und seiner Ansprüche an Aussendarstellungen. Die Exkursion führt zu insgesamt fünf Städten im heutigen Belgien, die für die hier skizzierte Entwicklung eine entscheidende Rolle spielten: Gent, Brügge, Brüssel, Löwen und Antwerpen. Sie bietet so die Gelegenheit, wichtige Hauptwerke wie den Genter Altar der Brüder van Eyck, das Sakramentsretabel von Dieric Bouts, das Johannes-Retabel Hans Memlings oder den Altar der Kreuzaufrichtung von Peter Paul Rubens innerhalb ihrer räumlichen Kontexte kennenzulernen und die urbanen Strukturen der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Zentren Flanderns vor Ort zu studieren.

Bachelor- sowie Masterstudierende sind herzlich willkommen, sich bis zum 22. September 2024 mit einem einseitigem Motivationsschreiben und CV per Mail bei Prof. Dr. David Ganz zu bewerben. 

Weiterführende Informationen

Leitfaden Seminararbeiten des Lehrstuhls Kunstgeschichte des Mittelalters

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