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Kunsthistorisches Institut

Vortragsreihen

Taktilität

Sinneserfahrung als Grenzerfahrung

In der Tradition des abendländische Denkens wurde Taktilität dem Gesichtsinn zumeist hierarchisch untergeordnet und mit Erfahrungen des Distanz- und Kontrollverlusts in Verbindung gebracht, die – nicht zuletzt im Zusammenhang von Subjektkonstitution und der Herausbildung sozialer Strukturen – als gefahrvoll gelten. Diese Ordnung der Sinneswahrnehmungen wurde seit dem 18. Jahrhundert in den Künsten und in der Philosophie immer wieder in Frage gestellt. Die Tastempfindung rückte als ein Modus der Sinneserfahrung ins Zentrum des Interesses, in dem die – mit dem Sehen assoziierte – dualistische Gegenüberstellung von Subjekt und Objekt, Ich und Anderem, Geist und Körper unterlaufen wird. Taktilität wird seitdem immer mehr als eine Erfahrung reflektiert, die unsere Körperoberfläche als eine Grenzzone spürbar macht, und dabei als Grenze (die weder dem Innen noch dem Aussen eindeutig angehört und die verbindet indem sie trennt) zweideutig wird. Davon ausgehend werden die Vorträge der Frage nachgehen, welche Konsequenzen sich aus einer solchen Auffassung von Taktilität für eine Theorie der Subjektivität, des Ästhetischen und des Sozialen ergeben.

Mo., 22. September Klaus Theweleit (Karlsruhe)
Jimi Hemdrix, der elektrifizierte Körper. Zur Gehirnveränderung durch Medien

Mo., 13. Oktober Niklaus Largier (Berkeley)
Gefährliche Nähe. Objekte der Berührung

Mo., 20. Oktober Juliane Vogel (Konstanz)
Raptus/haptisch. Zugriff und Tastsinn in der Aufklärung

Mo., 27. Oktober Mladen Dolar (Ljubljana)
Touching Ground. On Foundations of a Touch-and-Go Materialism

Mi., 5. November, Hörsaal KO2-F-150 , Friedrich Teja Bach (Wien)
Zeichnen als Berühren. Formen der Blindheit bei Matisse, Morris und Serra

Mo., 10. November Richard Shiff (Austin/Texas)
Handedness

Mo., 17. November Manuela Ammer (Wien)
Taktile Manöver. Zum feministischen Aktionsbegriff in VALIE EXPORTs Tapp und Tastkino (1968)

Mo., 24. November John Michael Krois (Berlin)
Iconic Form and the Body Schema. Haptic Beginnings of Depiction

Mo., 1. Dezember Karin Harrasser (Berlin)
Exzentrische Empfindung. Grenzlehren der Prothetik

Mo., 8. Dezember
Ort: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft SIK
James Elkins (Chicago)
On Some Limits of Materiality in Art History

Anschließend Vernissage: «31», Heft 12-13, "Taktilität: Sinneserfahrung als Grenzerfahrung"

ORT & ZEIT (wenn nicht anders angegeben): 19.15 Uhr, Hauptgebäude der Universität Zürich, Rämistrasse 71 8006 Zürich, Hörsaal KOL-F-104, 1. Stock.

ORGANISATION & KONZEPTION: Jörg Huber, Franziska Eggimann, Julia Gelshorn und Stefan Neuner

Die Vorträge werden in der nächsten Ausgabe von «31», dem Magazin des Instituts für Theorie, publiziert

"Das Volk, das fehlt?"

Kunst und die kulturelle Produktion von GemeinschaftKunst und die kulturelle Produktion von Gemeinschaft

Die Frage nach der „gesellschaftlichen Relevanz“ von Kunst wird zumeist defensiv mit dem Hinweis auf ihre „kritische“ Funktion oder ihr „negatives“ Verhältnis zur bestehenden Ordnung des Sozialen beantwortet. Ihr faktisches Gemeinschaft stiftendes Potential, die Tatsache, dass sie in der einen oder anderen Weise stets positiv sozialisierend zu wirken vermag: die communitas der Kunst also scheint sich heute nicht mehr ohne weiteres als affirmierbare politische Perspektive ästhetischer Produktion namhaft machen zu lassen. Dies hat freilich seine guten Gründe. Scheint doch jene, seit der Romantik virulente poetische Programmatik, die das Kunstwerk als Identifikation und Zusammenhalt herstellendes Bezugsobjekt gegen gesellschaftliche Desintegrationsprozesse mobilisieren möchte, nur einer Zuschaltung der Kunst in die ideologischen Apparate moderner Staaten zugearbeitet zu haben. Kunst verstrickte sich in die Geschichte der Macht. Doch Versammlungs- und zugleich Begründungsort einer Totalität des Gemeinwesens, eines „Volkes“ zu sein, war in der Moderne tatsächlich eine zumeist bloß herbei gewünschte Funktion künstlerischer Praxis. Das „Volk“, auf das hin sie sich entwarf, „fehlte“ in der Regel. Dass es einstweilen noch fehlen müsse, dereinst aber von der Kunst zusammengerufen werden könne, war eine utopische Denkfigur der klassischen Avantgarden. Diesen Phantasien steht nicht nur die Faktizität der kontingenten sozialen Relationen gegenüber, in welche die Herstellung und Rezeption von Kunst tatsächlich eingebettet war; ihr steht – von den Bünden der Romantik bis zu den Avantgarde-Gruppen des 20. Jahrhunderts – auch eine Poetik gegenüber, welche die Stiftung partikulärer und konkreter Gemeinschaften als Ziel begreift. Die Vortragsreihe möchte die Gelegenheit geben, nicht nur die Wege und Abwege nachzuzeichnen, welche die Kunst im unsicheren Terrain zwischen Staatspolitik und einer „Politik der Freundschaft“ beschritten hat, sondern auch die Situationen zu beleuchten, in die sie im Feld des Sozialen gestellt war und ist.

Organisation: Dr. Stefan Neuner und Dr. Beate Fricke

ACHTUNG: Der Eröffnungsvortrag findet am Dienstag, alle anderen Vorträge MONTAG abends statt !

7. November – Susanne Lüdemann (Berlin)
Vom römischen Carneval zur ökonomischen Automate. Repräsentationen des Volks bei Goethe und E.T.A. Hoffmann

20. November – Claudia Blümle (Basel)
Das Volk als Zeuge. Malerei und Jurisprudenz in der frühen Neuzeit

4. Dezember – Eva Horn (Basel)
Der nackte Leib des Volkes. Politische Aporien in Büchners Danton's Tod

18. Dezember – Oliver Marchart (Luzern)
Der David’sche Moment

15. Januar – Juliane Rebentisch (Berlin)
Dekonfigurationen der Gemeinschaft. Mathias Polednas 'Version'

29. Januar – Albrecht Koschorke (Konstanz)
Das Volk als Gerücht. Zu einem unsichtbaren Akteur im barocken Trauerspiel

5. Februar – Ralph Ubl (Karlsruhe)
Die Gemeinschaft der Malerei. Überlegungen zu Eugène Delacroix

Science and Fiction

Schnittstellen zwischen Kunst, Forschung und Wissenschaft

Dienstags, 18 Uhr, Beginn: 9. Mai 2005, Kunsthistorisches Institut der Universität Zürich, Rämistrasse 73, 8006 Zürich, Raum 008

Seitdem Künstler in der frühen Neuzeit einen höheren gesellschaftlichen Rang zu erlangen trachteten als den eines Handwerkers und für ihre Tätigkeit das intellektuelle Prestige einer ars libera zu beanspruchen begannen, hat die Erkundung von Anschlußstellen und Übergängen zwischen künstlerischen und wissenschaftlichen Praktiken in der europäischen Kunstgeschichte eine lange Tradition. Doch während die Renaissance noch den Typus des Künstlers als Universalgelehrten und Ingenieur (wie ihn etwa Leonardo beispielgebend verkörperte) und Formen eines tatsächlichen Austausches zwischen den beiden Tätigkeitsbereichen kannte, haben Kunst und Wissenschaft unter dem Druck einer fortschreitenden Spezialisierung in ihrer weiteren Entwicklung getrennte Wege beschritten. Nach der Aufklärung und den kulturellen und politischen Umbrüchen des 18. Jahrhunderts, mit denen die gesellschaftlichen Funktionen künstlerischer Produktion zur Disposition gestellt waren, ist es immer wieder als Aufgabe der Kunst begriffen worden, die Kluft, die infolge dieser Entwicklung entstanden war, zu überbrücken. Denn im Ästhetischen oder Poetischen wähnte man eine ursprünglichere, grundlegendere und eben auch allgemein zugängliche Schicht des Wissens und der Erfahrung erschließen zu können, welche nicht zuletzt die Basis einer Überwindung der Entfremdung zwischen intellektuellen Eliten und den von spezialisierten Wissenskompetenzen abgeschnittenen Massen zu sein versprach.

Nachdem sich diese vom Denken des deutschen Idealismus angestoßenen poetischen Konzepte spätestens im Lauf des 20. Jahrhundert gegenüber der tatsächlichen hegemonialen Stellung der Natur- und Ingenieurswissenschaften in den technokratischen Gesellschaften der Moderne als eitles Phantasma herausgestellt hatten, erfolgte die Auseinandersetzung ästhetischer Praxis mit den Wissenschaften unter ganz anderen Vorzeichen. Auf die imaginäre Verfügung des Ästhetischen über die Wissenschaft folgte eine Pseudomorphose der Kunst an wissenschaftliche Verfahren, die seit den 1960er Jahren unter zwei gegensätzlichen Akzentsetzungen vorangetrieben wurde. Auf der einen Seite läßt sich – ausgehend von den konzeptuellen Tendenzen der 60er – eine "Verwissenschaftlichung" künstlerischer Praktiken verfolgen, die nicht zuletzt vom Bestreben zeugt, eine neue Legitimationsgrundlage für ästhetische Verfahren zu gewinnen. Auf der anderen Seite begegnet man aber in der Nachfolge Robert Smithsons künstlerischen Projekten, die nicht ohne kritische Implikationen auf so etwas wie eine "Poetisierung" wissenschaftlicher Methoden abzielen, bei denen gerade die Legitimität "exakten" Wissens in Frage gestellt wird. Fraglos steht hinter diesen Entwicklungen die Einsicht, daß die Kunst des Modernismus in ihrem Streben nach Autonomie, die Ausdifferenzierungs- und Spezialisierungsprozesse, die sie eigentlich zu überwinden trachtete, bloß uneingestanden nachvollzogen und sich damit ihrerseits in eine gesellschaftliche Isolation begeben hatte. Denn in der Erkundung von Schnittstellen zu Forschung und Wissenschaft sucht die zeitgenössische Kunstproduktion – nicht anders als die Kunstgeschichte in ihrem bildwissenschaftlichen Reformprogramm –, einen Zugang zu gesellschaftlich und politisch relevanten Fragen zurückzugewinnen.

Konzeption & Organisation: Dr. Julia Gelshorn, Dr. Stefan Neuner, Dr. Nina Zschocke

 

9.5.2006 Dr. Christine Heidemann, Universität der Künste Berlin
Dr. Christine Heidemann, Universität der Künste Berlin
Dilettantismus als Methode. Zu Mark Dions künstlerischer ForschungDilettantismus als Methode. Zu Mark Dions künstlerischer Forschung

23.5.2006 Dr. Sebastian Egenhofer, Universität Basel
Perspektive und Ironie bei DuchampPerspektive und Ironie bei Duchamp

30.5.2006 Dr. Wolfram Pichler, Universität Wien
Goyas Tele-GraphieGoyas Tele-Graphie

13.6.2006 Prof. Oskar Bätschmann, Universität Bern
Leon Battista Alberti: Wissenschaft der Malerei - Malerei als Wissenschaft

20.6.2006 Dr. Britta Schröder, Haus Konstruktiv Zürich
Auf der Suche nach der Weltformel. Konkrete Kunst und Szientismus Auf der Suche nach der Weltformel. Konkrete Kunst und Szientismus

27.6.2006 Dr. Erich Hörl, ETH Zürich
Das amerikanische Märchen. Dichten, Denken, KybernetikDas amerikanische Märchen. Dichten, Denken, Kybernetik

4.7.2006 Prof. Sabeth Buchmann, Akademie der bildenden Künste Wien
"Antagonistische Komplizenschaft". Zur Rezeption und Kritik wissenschaftlicher Diskurse im Konzeptualismus der späten sechziger und frühen siebziger Jahre"Antagonistische Komplizenschaft". Zur Rezeption und Kritik wissenschaftlicher Diskurse im Konzeptualismus der späten sechziger und frühen siebziger Jahre

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